Wir kommen am 20. Juni in der Mittagszeit nach 2 Stunden Flug von Frankfurt in Riga an. Es ist 30 Grad warm und wir beschließen auf den Bustransfer in die Stadt zu verzichten und nehmen uns gleich ein Taxi. Etwa 10 Min später sind wir schon im Hotel Radisson Blu Daugava – eines von unzähligen Radisson Blu Hotels in Riga. Allerdings haben wir jenes mit dem besten Ausblick auf die Altstadt.
Wir nehmen unser Zimmer für die nächsten Tage in Besitz und machen uns gleich auf den Weg über die Düna in die Stadt. Dies wird in den nächsten Tagen mehrmals am Tag unsere kurze Route in die City werden. Ein toller Ausblick auf die Eisenbahnbrücke, den Funkturm und die Fernsehstation im Osten. Nach Westen dominiert die Brücke Vansu Tilts das Bild und führt zwischen Hafen und Innenstadt die Fahrzeuge über die Düna. Es folgen der Präsidentenpalast und die bekannte „Skyline“ von Riga mit den unzähligen
Kirchen. Dazu später mehr. Die schönen engen Strassen und Gassen bestimmen den ersten Eindruck und wir genießen zum ersten Mal die lettische Gastfreundschaft und Küche. Vor allem Biertrinker kommen hier voll auf ihre Kosten. Aber auch Wein aus Deutschland und Südeuropa wird überall angeboten.
Wir freuen uns auf die nächsten Tage und auf viele kleine und große Entdeckungen in dieser schönen Stadt. Lettland gilt als Vorbild in der EU in Bezug auf die Digitalisierung. Wir nehmen das ernst und laden uns den App Guide aus dem Netz und stellen uns ein Programm für die nächsten Tage zusammen. Getyourguide wird uns in den nächsten Tagen zielsicher an die schönen Orte und Aktivitäten von Riga führen. Wie ging das früher eigentlich? Egal, wir buchen uns eine Sightseeing-Tour mit Kanalboot, Ausgangspunkt in der Nähe der Freiheitsstatue. Wir werden durch den alten Kanal gefahren, der früher die äußere Grenze der Stadtmauer bildete. Der Audioguide versorgt uns mit vielen Informationen über Riga und Lettland. Die Stadt wurde 1201 von dem Bremer Bischof Albert von Buxhoeveden gegründet und wuchs als Teil der Hanse in den folgenden Jahren rasant. 1522 schloß sich Riga der Reformation an und mußte sich einige Jahre später dem König von Polen unterwerfen. In den folgenden 469 Jahren musste Riga viele Kriege und unter unterschiedlicher Herrschaft durchleben. Die unvorstellbaren Taten des NS-Regimes waren im zweiten Weltkrieg der traurige Höhepunkt der Stadt. Am 21. August 1991 erkannte die Sowjetunion die Unabhängigkeit Lettlands an; ebenso (nach dem Zerfall der Sowjetunion) 1991 der russische Präsident Boris Jelzin. Riga wurde wieder Hauptstadt eines souveränen lettischen Staates.
Heute leben in Riga etwa 700.000 Menschen, in Lettland insgesamt 1.9 Mio. Der Anteil der lettischen Bevölkerung in Riga beträgt nur 46%, Russen sind mit 40% die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe in der Stadt.
Wir kommen mit unserem kleinen Boot auf die Düna und können von hier aus viele Gebäude und Einrichtungen aus einer anderen Perspektive genießen. Zunächst der Fernsehturm mit einer Höhe von 368 m, die Eisenbahnbrücke, dann die Nationalbibliothek, in der u.a. über 250.000 Volkslieder archiviert sind, und schließlich die Brücke Vansu Tilts mit der interessanten Verspannung mit Drahtseilen. Wir kommen zurück in die Stadt und können noch schnell einen Blick auf den Hafen mit einem einfahrenden Kreuzfahrtschiff werfen.
Zurück in dem Kanal durch die Stadt kommen wir an idyllischen Ecken vorbei, fahren unter kleinen Brücken hindurch bis wir wieder an dem Ausgangspunkt angekommen sind. Wir machen im Park eine kleine Pause bis zur nächsten Aktion.
Die Markthallen sind nicht nur ein Wahrzeichen der Stadt sondern der täglich stattfindende Markt lockt viele tausend Besucher an. Draussen gibts vor allem Obst und ein paar Stände mit traditioneller lettischer Kleidung; die 5 etwa 70 m langen Hallen sind in Gemüse, Fleisch, Fisch, Käse, Blumen und Gastromie
unterteilt. Wir schauen uns alle Hallen von innen an und nehmen zum Abschluß einen kleinen Imbiss mit Riesling aus Rheinhessen.
Wir nutzen unser Hopp On Hopp Off Ticket für verschiedene Touren in der Stadt. Das Jugendstilviertel ist besonders zu empfehlen mit den vielen klassischen Bauten und großzügigen Straßen und Parks. Wir steigen an der Russisch-Orthodoxen Kirche aus und gehen durch den angrenzenden Park. Dieser Bereich der Stadt liegt außerhalbs des Kanals und somit außerhalb der früheren Stadtgrenze. Trotzdem ist alles sehr nah beieinander. Das Freiheitsdenkmal zeigt den Weg in die Stadt. Es wurde 1935 als Zeichen der ersten lettischen Unabhängigkeit erbaut. Der Audioguide erklärt uns, dass Lettland eine parlamentarische Republik ist. Der Ministerpräsident wird vom Parlament gewählt und der Präsident von der Bundesversammlung – kommt uns irgendwie bekannt vor. Wir nutzen noch einen elektronischen Helfer bei der Auswahl der richtigen Location für unser Abendessen und die musikalische Unterhaltung. TripAdvisor führt uns ebenso zielsicher zu den Geheimtips dieser Stadt. Wir finden tolle Restaurants und Musikkneipen, die wir ohne Guide nicht gefunden hätten. Bei Vladislav auf der O.Terase hören wir eine Liveband mit Rock’n Roll und können uns auf den Service von Vladislav verlassen. Gleich zweimal verbringen wir den Abend hier. Die Bar Trompete Taproom ist auch ein Knaller. Wir laufen gleich zweimal vorbei bis wir den kleinen Eingang zu dieser Kneipe entdecken. Zunächst essen wir im Hinterhof typische lettische Kost und trinken kräftiges Schwarzbier aus Riga. Dann wechseln wir in den kleinen Raum direkt zu der Jazzband und erleben echte musikalische Kunst. 4 Jungs zaubern an ihren Instrumenten und begeistern das Publikum. Alles Solisten und zusammen ein echtes Kunstwerk. Ein toller Abend und die Musik schwingt noch lange nach. Ein anderes Restaurant wollen wir nicht unerwähnt lassen. Wir lassen uns Mildo empfehlen und tauchen dort am frühen Abend auf. Ein kleines Restaurant am Rande des Zentrums mit nur wenigen Plätzen an der Straße. Wir kriegen ein schönes sonniges Plätzchen, lassen uns eine Flasche Giva bringen und werden mit einem Filet mignon, pearl barley risotto, grilled butternut squash and brown shallots sauce verwöhnt. Gute Empfehlung!
Am Sonntag wollen wir die zweite Tour mit unserem Hopp On Hopp Off Ticket fahren. Wir haben noch etwas Zeit und lassen uns mit einem alten Aufzug auf die Aussichtigsplattform der Petrikirche bringen. Von hier aus haben wir einen tollen Blick über die Stadt bei allerbesten Fotowetter.
Wir genießen von oben die Aussicht und suchen all die Stellen, an den wir schon gewesen sind. Unten wieder angekommen, stehen wir vor der nächsten Kirche, der evangelisch lutherischen Gemeinde. Wir hören Musik und gehen in den Eingangsbereich. Ein freundlicher Mann bietet uns einen Platz im Innenraum an und wir verfolgen den Gottesdienst. Es werden uns wohlbekannte evangelische Lieder auf lettisch gesungen. Am Ende des Gottesdienstes wird ein Gebet gesprochen, das wir durch den Rhytmus der Sprache und der Betonung sofort erkennen. Auch wenn wir kein Wort verstehen, können wir in Gedanken folgen. Wir werden mit einem warmherzigen God bless you verabschiedet.
Nach diesem ereignisreichen Vormittag kommen wir pünktlich zu unserem Bus und fahren durch die russische Vorstadt. Hier wohnen tatsächlich viele Menschen mit russischer Nationalität. Wie schon erwähnt, machen sie einen großen Teil der Rigaer Bevölkerung aus. Wir steigen an der ehemaligen Speicherstadt und dem Konzentrationslager der NS Zeit aus. Die große Tafel mit unzähligen Namen von
Menschen, die hier getötet wurden, zieht uns in den Bann. Den Namen sind die Herkunftsorte zugeordnet und wir finden auch eine Tafel mit Menschen aus Kassel. In der Halle der Gedenkstätte werden Portraits mit den Ausweisen und Papieren zur Deportation gezeigt. Die Nazis haben ihre schrecklichen Taten im Detail dokumentiert. Wenigsten geraten dadurch die Namen der Getöteten nicht in Vergessenheit. Am Eingang der Gedenkstätte wird derer gedacht, die sich für Juden und Verfolgte eingesetzt, sie versteckt und versorgt haben und deshalb hingerichtet wurden. Wir gehen die letzte Hopp On Hopp Off – Etappe zu Fuß in die Innenstadt zurück und suchen uns ein ruhiges Plätzchen für eine kleine Stärkung.
Für den letzten Tag haben wir einen Personal Guide gebucht, der uns durch die Altstadt führt und viele Informationen zu Riga und Lettland geben wird. Valera kommt aus Georgien, wohnt seit 10 Jahren in Riga, spricht fließend Deutsch, arbeitet als Reiseführer in Riga und Georgien und als Kundenberater für ein russisches Unternehmen. Niemand kommt hier mit nur einem Job aus, schon gar nicht wenn eine Familie zu versorgen ist. Trotzdem ist es eine tolle Stadt, weil hier jeder seine Meinung sagen kann, ist Valera wichtig zu berichten. Vieles von dem was er uns während der 3-stündigen Tour durch Riga erzählt, ist schon erwähnt, daher folgen hier zum Abschluß die schönsten Bilder aus dieser wunderbaren Stadt.